Rundfunkgebühren und Streaming
Interessante Allianzen tun sich bisweilen zusammen, wenn es um die Sicherung der eigenen Pfründe geht. Wann sieht man schonmal die meisten deutschen Verleger von Burda über Bauer bis Springer einmündig das selbe beschwören, “die freie Presse in Deutschland sei in Gefahr”. Es muss sich auf jeden Fall um einen zensorischen Akt alleroberster Schurkengüte handeln, wenn sich solche Leute zusammen tun, einen Angriff auf die Grundfesten der Demokratie selbst. Könnte man denken, es geht aber nur um den neuen Rundfunkstaatsvertrag. Der regelt, was die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland so dürfen und was nicht. Woran sich die Damen und Herren Verleger stören, ist dass ARD und ZDF sich inzwischen auch ins Internet ausgebreitet haben. Und dort Spiegel Online und Konsorten das Wasser abgraben. Das bedeutet weniger Besucher bei privatwirtschaftlich betriebenen Seiten und damit weniger Werbeumsätze. Und das geht ja nun wirklich zu weit.
Moniert wird eine “staatlich finanzierte Presse” im Internet. Die Verleger fordern, dass Texte und Bilder ganz klar in unterstützender Funktion zum Hauptprogramm stehen sollen. Dazu kann man stehen, wie man will, ich persönlich halte es nicht verkehrt, wenn ARD und ZDF ihr Internetangebot aufbrezeln. Teuer ist das nicht, im Verhältnis dazu, was so Fussballrechte kosten. Und warum soll die tagesschau-Seite nicht mehr Hintergründe bringen dürfen, warum soll Wetten, dass…? nicht auch im Internet vertreten sein. Die angesprochenen gebührenfinanzierten Datingportale, die laut Verlegern verhindert werden müssen, finde ich auch nicht so prall, aber die gefährden bestimmt nicht die freie Presse, sondern höchstens die geistige Gesundheit ihrer Benutzer. Sollen die privaten doch Qualität dagegen setzen. Ich will jedenfalls nicht nur Bildergalerien auf SpOn sehen…
Aber das ist ein anderes Thema, eigentlich geht es um einen anderen Passus, den die Verleger (unterstützt von meinem demnächst-wieder-”Lieblings”-Landesvater Roland K,) durchgesetzt haben: Inhalte sollen maximal eine Woche im Netz abrufbar bleiben, sportliche Großereignisse maximal 24 Stunden. Hallo? Und von 21 bis 6 Uhr wird das Internet geschlossen, oder wie? Wo bitte ist das Problem, wenn ich mir sagen wir mal Deutschland-Polen (das Handballspiel natürlich) auch noch ein halbes Jahr später ansehen kann? An den Kosten wirds ja wohl kaum liegen, die sind so hoch nicht. Man muss sagen, dass sich das mit dem Streaming von Sendungen in letzter Zeit positiv entwickelt hat. Fußball-WM und -Em waren im Livestream zu sehen, die Handball-WM auch. Die Tour de Dop… äh France war 2007 auch per Internet zu verfolgen. Und den Eurovision Song Contest kann man immer noch in voller Länge abrufen, inklusive beider Semifinals (wobei das eher eine Entscheidung der EBU ist und nicht von ARD/ZDF). Viele Sendungen (zum Beispiel Extra3) sind ganz oder teilweise im Internet zu sehen, die tagesschau wird live gestreamt. Wo immer gefordert wird, Deutschland solle mit der Zeit gehen, warum dann nicht das komplette Vollprogramm online verfügbar machen, jederzeit, auch nachträglich und ohne Zeitbegrenzung. Die technischen Möglichkeiten dazu wären sicherlich da, und das Argument, andere könnten davon Schmarotzen, zieht nicht. Schwarzseher kriegt ja eh die GEZ dran (…) und aus dem Ausland zugreifen geht nicht, wie ich zu meinem Leidwesen während der EM erfahren musste (Geolocation). Im Gegenzug könnte man ja die Gebühren für einen internetfähigen PC auf das Fernsehniveau anheben. Wer eh ne Glotze hat, den juckts nicht, und der Rest… hmmm. Okay, kein Vorschlag ist perfekt.
Und wer dagegen hält, die privaten Sender würden dann zurück gelassen: Die können ihren Krams ja auch ins Netz stellen. In den USA klappt das ja auch, die von mir neu entdeckte Daily Show (with Jon Stewart) kann man auch im Netz sehen, bis zu vier Wochen nach Erscheinen der Folge. Werbung inklusive, aber auf einem erträglichem Niveau. Geht doch. Aber in Deutschland ist man zu faul, sich der Konkurrenzsituation auszusetzen und schreit lieber nach einer staatlich gesicherten Profitgarantie. Super Idee.
Aber die Herren Ministerpräsidenten haben natürlich Angst, bei der nächsten Gelegenheit von der Bild runtergeschrieben zu werden und kuschen. Schade, dass da keiner Rückgrat hat, und denen mal sagt, wos langgeht.